Giuseppe Verdis „Rigoletto“ in Münster gefeiert
Armer Narr im Maskentrubel
Münster
Nicht nur der Tenorschlager „La donna è mobile“ macht Giuseppe Verdis „Rigoletto“ zu einer der bekanntesten Opern. Es ist ein rundum starkes Stück, wie jetzt die neue Produktion des Theaters Münster zeigt.
Maskerade und grelle Schminke: Eine Opernpremiere, die solche Bilder groß herausstellt, ist wie geschaffen für das Wochenende vor Rosenmontag. Kein Wunder also, dass Münsters „Rigoletto“ das Theater füllte. Die tragische Geschichte des Hofnarren, der seine Tochter so sehr hütet, dass sie sich selbst vor Liebeshunger ins Verderben stürzt, ging nach den harschen Schlussakkorden in großen Premierenjubel über.
Doch nicht die Optik, die bisweilen zu Verdis „Maskenball“ und zum „Bajazzo“ des jüngeren Leoncavallo hinüberschielte, war der Hauptgrund dafür. Denn schon die ersten Töne aus dem Orchestergraben, das sorgfältig abgetönte Fluchmotiv der Blechbläser, weckten eine Erwartung an den Abend, die der neue Erste Kapellmeister Henning Ehlert mit dem Sinfonieorchester Münster durchweg einlöste: Drei Opernakte lang boten sie klangliche Finessen, wie man sie eher vom späten Verdi gewohnt ist als in diesem ersten Erfolgsstück aus seiner mittleren Zeit. Welch ein grandioser Kontrast etwa zwischen den luftigen Einleitungstakten zur großen Gilda-Arie und der düsteren Atmosphäre des dritten Akts. Und in den Chor-Auftritten, bestens vorbereitet von Anton Tremmel, ließ Ehlert die schmetternden Tutti nicht zum Scheppern verkommen.
Drei gefeierte Sänger
Dass über die Feinheiten der Verdi-Partitur nicht flott hinweggetönt wurde, trugen auch die drei gefeierten Sänger der Hauptpartien und das übrige Ensemble mit. Garrie Davislim gab dem Herzog für dessen Womanizer-Hemmungslosigkeit den passenden Tenorglanz mit, Robyn Allegra Parton nahm sich gerne die Zeit, die der Dirigent ihr gewährte, um Gilda als fürsorglich eingezwängte Tochter eines ängstlichen Vaters mit schimmernden Sopran-Kadenzen zu charakterisieren. Und Bariton Johan Hyunbog Choi, bislang in dieser Musiktheatersaison der Orest vom Dienst, gestaltete ein bewegendes Porträt des Titelhelden, der als Hofnarr die Opfer des Herzogs verhöhnt und sich dann selbst durch den zwanghaften Versuch, die geliebte Tochter Gilda zu hüten, zum Opfer macht. Choi führte seine samtig gefärbte Stimme gerade im Duett mit Gilda in gutem Legato und ist den Ansprüchen der Partie so souverän gewachsen, dass er auch noch Spitzentöne pflückt, die eigentlich nicht von Verdi stammen.
Glitzer-Show
Maskerade und grelle Schminke prägen die Optik und den Symbolgehalt von Cordula Däupers Inszenierung, was vor allem in Friedrich Eggerts Bühne zum Ausdruck kommt, die für die Feiern am Hof des Herzogs einen Glitzershow-Kasten aufbietet, der dem Chor akustisch dient und auf der Rückseite die gern verwendete Hinterhof-Ästhetik etwa für Rigolettos Zuhause präsentiert. Tapeten und die Kostüme Sophie du Vinages ergänzen mit ihrem M.C.-Escher-Muster der optischen Täuschung das omnipräsente Spiel mit Masken, die wahre Identitäten verbergen: eine zweifellos passende, aber nicht sonderlich überraschende Symbolik. Das sieht schön aus, hätte allerdings in der Führung der Figuren noch geschärft werden können, um die Geschichte klarer zu erzählen. So ist in den Szenen mit Monterone (Gregor Dalal), der ja den dramaturgisch und musikalisch zentralen Fluch ausspricht und Rigolettos verhöhntes Pendant ist, nicht gut zu erkennen, wer da mit wem spricht. Andererseits hätte im berühmten Quartett, wenn die Figuren einander belauschen, der mehrstöckige Bühnenaufbau genutzt werden können. Die im Libretto angelegte Engelssymbolik wird hingegen sehr stark bemüht.
Starkes Stück Oper
Kurze Videosequenzen (Sven Stratmann) zeigen, mit welchen Masken die Figuren dem Schicksal zu begegnen versuchen und wie der Narr sich die Laune aufs und vom Gesicht schminkt. Das sind nicht nur während der Karnevalstage stimmige Bilder zu einem zeitlos starken Stück Oper.
Die nächsten Aufführungen der Oper im Großen Haus des Theaters in Münster sind für den 23. Februar sowie für den 4. und 17. März geplant.
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