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„Kunst trotzt“ – Schulen gedenken der Holocaust-Opfer

Die große kleine Glocke

Münster

Knapp 300 Schülerinnen und Schüler haben am Freitag auf dem Platz des Westfälischen Friedens den Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Die Worte der Schüler sind eine Mahnung wider das Wegsehen und Vergessen

Maximilian Stahl (Pascal-Gymnasium), Bürgermeisterin Angela Stähler und Schulabteilungsleiter Matthias Schmied läuten die „Peace-Bell“ zum siebten gemeinsamen Gedenktag Foto: Matthias Ahlke

Hell und leise läutet die Peace-Bell des Pascal-Gymnasiums. Sofort kehrt Stille auf dem Platz des Westfälischen Friedens ein. Knapp 300 Schülerinnen und Schüler haben sich am Freitagvormittag versammelt, um der Opfer des Nationalsozialismus zu Gedenken.

„Wer die Promenade umrundet hat, kennt die Stelle, an der Tag und Nacht die Polizei stehen muss.“ Maximilian Stahl vom Pascal-Gymnasium zeigt am Beispiel der münsterischen Synagoge, dass antisemitische Gewalt auch hier und heute noch eine schmerzliche Realität ist.

Seine einleitenden Worte sind eine Mahnung wider das Wegsehen und Vergessen. Auch Angela Stähler betont, wie wichtig eine lebendige Erinnerungskultur sei.

„Frieden an die große Glocke hängen“

Die Glocke, mit der die Veranstaltung nach zwei Corona-Jahren wieder in Präsenz eingeläutet wurde, besteht aus eingeschmolzener Weltkriegs-Munition. Eine schöne Umkehrung zu den Kirchenglocken, die der Waffenproduktion der Nazis zum Opfer gefallen sind, findet die ehrenamtliche Bürgermeisterin. „Wir müssen den Frieden an die große Glocke hängen.“ Oder eben die kleine.

Die Schulen haben sich dem diesjährigen Holocaust-Gedenktag über das Thema Kunst genähert. Matthias Schmied, Abteilungsleiter Schule beim Regierungspräsidenten in Münster, interviewt die Schülerinnen und Schüler zu den Projekten, die sie in den letzten Wochen unter dem Motto „Kunst trotzt“ umgesetzt haben.

Viele haben Ausstellungen organisiert, zu ermordeten Künstlerinnen und Künstlern und denen, die die Verfolgung, KZ-Haft und Gewalt überlebten und erzählen konnten. So hat sich ein Geschichtskurs am Paulinum mit dem in Auschwitz gestorbenen Maler Felix Nussbaum und der Aktivistin Irene Harand beschäftigt.

Matthias Schmied

Am Schillergymnasium stand die Kunst der Inhaftierten im Lager Theresienstadt im Mittelpunkt. „Ihr beweist als junge Generation Haltung“, sagt Schmied und ermutigt die Schülerinnen und Schüler, gegen Antisemitismus im Alltag zu handeln.

Das Gedenken gilt an diesem Tag den verschiedenen Gruppen, die vom nationalsozialistischen Terror besonders betroffen waren. Bald brennen Kerzen für den Maler Ernst Weiß, die Sintessa Philomena Franz und all die anderen, die als Stellvertreter für die unzähligen Opfer stehen.

Worte der Dichterin Ilse Weber, deren Gedichte in Theresienstadt entstanden, klingen im Kopf noch lange nach: „Vertraue der Zukunft, ‎verlier’ nicht den Mut: Die Welt wird wieder zum Garten.“ ‎

Bevor die Band des Paulinum ein abschließendes „Imagine“ anstimmt, erklingt zur Schweigeminute noch einmal die Glocke.

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