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Münster-Premiere von „BaqueStriBois“ im Pumpenhaus

Die Tabus nackter Tatsachen

Münster

Sex ist Tabu. Nicht als Handlung. In der Sprache. Überall ein bisschen, aber besonders auch in Havanna, wie ein Theaterstück im Pumpenhaus schmerzhaft deutlich zeigt.

Helmut Jasny

Er schaufelt Steine, die letztlich auf ihn selber herabregnen. Mit schmerzhaft starken Bildern rüttelt „BaqueStriBois“ auf. Foto: M. Arteaga

Drei Männer stehen auf der Bühne, nackt und mit Plastiktüten auf dem Kopf. Als sie sie abziehen, kommt kein Gesicht zum Vorschein, sondern immer wieder eine neue Tüte, beschriftet mit Sätzen wie „Was bist du?“, „Ich küsse nicht“, „Wie viel zahlst du?“, „Stehst du drauf?“. Es sind Dialoge zwischen Sexarbeitern und ihren Kunden, illustriert von Bilder, die Hinterhöfe und andere einschlägige Treffpunkte in Havanna zeigen.

In „BaqueStriBois“ beschäftigt sich der kubanische Regisseur und Schauspieler José Ramón Hernández mit schwuler Prostitution, Transsexualität und sexueller Gewalt. Das Publikum bekommt ausdrucksstarke, aber auch irritierende Bilder zu sehen. Nach dem Intro mit den Plastiktüten rennen zwei der Protagonisten wütend aufeinander los, ohrfeigen sich, während der dritte aus Backsteinen eine Mauer baut, auf die er eine lustige Geschichte von einem Herzen schreibt, das zwar aus Stein, dafür aber rein ist.

Eindeutig gestaltet sich eine Szene, in der ein Schauspieler von seinen Kollegen mit Bananen zuerst gefüttert, dann förmlich vollgestopft wird, bis ihm der zerkaute Brei aus dem Mund quillt, während eine Stimme aus dem Off erzählt, warum Freier zu Prostituierten gehen und warum diese ihre Dienste anbieten. Auch ein Rechtsanwalt kommt zu Wort und spricht von der Diskrepanz zwischen dem, was das Gesetz Homosexuellen an Rechten garantiert, und dem, was davon in der Realität übrig bleibt.

Eine gewisse Ambivalenz findet sich auch bei einem Transvestiten, der mit seiner hohen Stimme als Sänger Erfolge feiert, aber von seiner Mutter nur Unverständnis erntet. Oder in einem Interview mit zwei Transsexuellen, die die Migration in ein anderes Geschlecht einerseits als Glück empfinden, andererseits mit heftigen Anfeindungen seitens der Gesellschaft zu kämpfen haben. Begleitet werden ihre Worte von einem der Schauspieler, der mit der Schaufel Kies in die Luft wirft und sich dann – ein Opfer seiner eigenen Aktion? – unter die niederprasselnden Steine stellt.

„BaqueStriBois“ ist ein engagiertes Stück über Themen, die sonst gern tabuisiert werden – und das nicht nur in Kuba. Es mischt sich ein und fordert auch den Zuschauer auf, sich damit auseinanderzusetzen.

Letzte Vorstellungen am Freitag und Samstag (24. und 25. Januar) jeweils 20 Uhr im Pumpenhaus, Gartenstraße 123. Karten im WN-Ticket-Shop am Prinzipalmarkt oder online.

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