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Das 31. Jahr des „Messias“ im Pumpenhaus

Die Vorsehung hat Humor

Münster

„Wann isset denn so weit?“, erkundigt sich Josef beim Erzengel Gabriel nach Marias Entbindungstermin. „Weihnachten“, lautet die dröge Antwort. Und als sei das noch nicht absurd genug, echauffiert sich der Zimmermann über seine geplatzten Urlaubspläne: „Ja klar! Weihnachten wollten wir wegfahren!“

Wolfgang A. Müller

Schönes Klischee: Natürlich mit Gurken bereitet sich die schwangere Maria (Benedikt Roling als Bernard) unter Begleitung von Josef (Pitt Hartmann als Theodor Stolze-Stadermann) und Erna Timm (Gabriele von Groote) auf die himmlische Niederkunft vor. Foto: Wolfgang A. Müller

„Wann isset denn so weit?“, erkundigt sich Josef beim Erzengel Gabriel nach Marias Entbindungstermin. „Weihnachten“, lautet die dröge Antwort. Und als sei das noch nicht absurd genug, echauffiert sich der Zimmermann über seine geplatzten Urlaubspläne: „Ja klar! Weihnachten wollten wir wegfahren!“

Allerdings wird sich der irdische Gemahl der Muttergottes mitsamt seiner schwangeren Frau, wie man weiß, in sein Schicksal fügen und tatsächlich auf eine Reise gehen. Denn so steht es nun einmal geschrieben. Vielleicht wörtlich nicht so im Evangelium, aber in Patrick Barlows Kult-Komödie „Der Messias“. Bereits zum 31. Mal in derselben Besetzung bringt das Transittheater die Satire auf christlichen Mythos und Schauspielbetrieb im Pumpenhaus auf die Bühne. Stück und Ensemble scheinen dabei mit einer Unverwüstlichkeit gesegnet, die der des prominenten Themas nicht nachstehen mag.

Kaum hat sich das von der obligatorischen Disco-Kugel projizierte Schneegestöber gelichtet und sind leiernde Weihnachtslieder verklungen, machen sich Pitt Hartmann als Theaterdirektor Theo und Benedikt Roling als sein begriffsstutziger Gehilfe Bernhard fürs Publikum an die Gestaltung eines Krippenspiels. Erschwert wird dies durch den Mangel an Darstellern, was sie durch irrwitzige Rollenwechsel, skurrile Improvisationen und nicht zuletzt die Einbindung der Zuschauer für Massenszenen locker ausgleichen. Während Maria in ihrem westfälischen Malocherhaushalt am Rande der syrischen Wüste weiter an einem 30 Meter langen Tempelvorhang näht und ein stoffbärtiger Gottvater sich um die Zukunft des Globus und den sibirischen Schneehamster sorgt, wartet das schräge Duo auf die rheinische Operndiva Frau Timm (Gabriele von Groote). Deren Händel-Arien sollen das bizarr zusammengeflickte Spiel krönen.

Auch das wird sich an diesem Abend fulminant erfüllen. Im Gegensatz zur Gurken mampfenden Maria ist für das glänzend aufspielende Trio „Der Messias“ alles andere als eine schwere Geburt. Als der sich selbst als eitler Schmierenkomödiant entpuppende Theo das Publikum zu einem Zwischenapplaus für Bernhard animiert, der übertrieben röchelnd ein versklavtes römisches Subjekt mimt, darf man seine Worte durchaus unironisch auf das Darstellertrio münzen: „Das ist Schauspielkunst in Vollendung!“ Und vielleicht hat das ja die Vorsehung dem Transittheater aufgegeben: Die Mission, die Welt zu einem besseren, weil humorvolleren Ort zu machen. Sie ist wieder einmal geglückt. Halleluja!

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