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„The Art of Tuting“: Christiane Hagedorn spielt die Lamberti-Türmerin Martje Saljé

Erst etwas Atemnot – und dann die Lufthoheit

Münster

Mit dem Stück „The Art of Tuting“ begeisterte Schauspielerin und Sängerin Christiane Hagedorn im vergangenen Jahr im Rahmen des Projektes „24 Stunden Münster“ als Türmerin Martje Saljé im Theater und an fünf weiteren Stationen ihr Publikum. Am Samstagabend gab es für das von Hagedorn und Regisseurin Carolin Wirth erschaffene Solostück – in einer extra für die Mini-Weinstube „Joducus“ in der Finkenstraße geschaffenen Fassung – eine gefeierte Neuauflage. Mit den beiden, und auch mit Saljé, die später persönlich dazustieß, freute sich Wirtin Nena-Carola, über das rege Publikumsinteresse.

Ulrich Coppel

Wenn Türmerin Martje Saljé (Christiane Hagedorn) zum Dienstbeginn die 300 Stufen des Lamberti-Turms hochgestiegen ist, muss sie sich bei der Feuerwehr melden. Foto: Coppel

„Simma am japsen“, so beginnt Hagedorn, sichtlich aus der Puste, das gut 30- minütige Stück, das Wirth und sie nach einem Interview mit Saljé eigens erschufen. Der Grund für die Luftknappheit: Jedes Mal zu Dienstbeginn muss Saljé die 300 Stufen des Lambertiturms hinaufsteigen. Dann meldet sie sich erst einmal telefonisch bei der Feuerwehr: „Bin angekommen – alles in Ordnung. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“ Der Rundgang um die Stadtglocke, eine Etage tiefer, liegt da schon hinter ihr. Vom „Hölzchen aufs Stöckchen“ kommend, unterhaltsam und charmant, vermittelt Hagedorn Informationen über die große Stadtkirche und Anekdoten aus dem Dienstalltag der ersten Frau in der mehr als 630-jährigen Türmer-Geschichte des Gotteshauses. Johannes Brahms habe dort zum Beispiel einmal konzertiert, und einmal habe sich die Polizei telefonisch mit der Frage bei ihr gemeldet, ob sie vielleicht die vom Roggenmarkt flüchtenden Bankräuber sehen könne.

Hagedorn vermittelt aber auch ganz viel Persönliches über die bemerkenswert vielseitige Türmerin. Zum Beispiel, dass sie eine Multiinstrumentalistin ist, die sogar schon mal beim Mega-Open-Air-Festival in Wacken aufgetreten ist. Plötzlich steht ein neuer Gast in der Eingangstür. Ein Gedankenblitz durchzuckt Hagedorn, und schon ist die Frau als ein „St.-Lamberti-Gespenst“ sehr herzlich begrüßt und wird zugleich in die Handlung hineinimprovisiert. Großartig! Nach einer kurzen Pause gab’s dann noch Hagedorns „Lieblingsmärchen“, nämlich Grimms „tapferes Schneiderlein“ – freilich in einer freien Version „mit Turm“. Das Joducus bietet ein reichhaltiges kulturelles Angebot mit kleinen Konzerten. Lesungen, Theater und Ausstellungen. Ein echter Geheimtipp.

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