Interview mit Axel Vornhecke
Die Queen war für alle da
Münster
Großbritannien trauert um die Queen – aber auch jenseits des United Kingdom hinterlässt der Tod der Monarchin Spuren. Zum Beispiel bei Axel Vornhecke, Vorsitzender der Deutsch-Britischen Gesellschaft Münster/Münsterland.
Die Liebe von Axel Vornhecke zu den Briten und Großbritannien erwachte spätestens, als er nach dem Medizin- und Zahnmedizin-Studium in Schottland zu arbeiten begann. Ende der 1990er-Jahre zurück in Münster, suchte er den Kontakt zur Deutsch-Britischen Gesellschaft Münster/Münsterland, gewissermaßen ein Vorposten alles Britischen auf dem westfälischen Festland.
Seit 2005 führt Axel Vornhecke die Gesellschaft als Vorsitzender, und – keine Frage – ein Ereignis wie der Tod der Queen ist für die Mitglieder ein einschneidendes Ereignis, wie er im Interview zu erkennen gibt.
Wie ging es Ihnen, als Sie vom Tod der Queen erfahren haben – und gibt es nun ein Gedenken in der deutsch-britischen Gesellschaft?
Vornhecke: Es gab schon ein Gedenken, und zwar schon am Abend ihres Todes. Das ist wirklich ein verrückter Zufall: Als die Nachricht vom Tod der Queen verbreitet wurde, hatten wir gerade eine Veranstaltung unserer Gesellschaft. Wir saßen vor dem geplanten Vortrag beim Essen in einem Lokal. Plötzlich trat eine Kellnerin an unseren Tisch und sagte: „Die Queen ist tot.“ Wir haben sofort eine Schweigeminute eingelegt. Zum Vortrag über Kirchenfenster in englischen Kathedralen von Coventry bis Canterbury kam es trotzdem noch, aber hinterher im nächsten Gasthaus gab es natürlich kein anderes Thema.
Schließt Ihre Liebe zu Großbritannien auch die Liebe zum britischen Königshaus ein?
Vornhecke: Klar, das Königshaus ist doch eigentlich deutsch. Königin Elizabeth II. stammt aus dem Haus Sachsen-Coburg-Gotha, Prinz Philipp war ein Mountbatten, mit ebenfalls deutschen Wurzeln.
Erklärt das denn die besonder Liebe vieler Deutscher zur britischen Monarchie?
Vornhecke: Es gibt schon eine Geistesverwandtschaft zwischen Briten und Deutschen, sie sind ein bisschen wie unsere nahen Cousins. Gefühlt sind wir uns erst mal ziemlich ähnlich, aber wenn man sich näher miteinander beschäftigt, stellt man fest, dass es doch große Unterschiede gibt.


Der berühmte englische Humor . . .
Vornhecke: . . . ist der Grund, warum ich die Briten besonders liebe. Den Humor spürt man überall, übrigens auch in den Fachvorträgen von Briten, zu denen unsere Gesellschaft einlädt. Das haben die Briten einfach besser raus als wir.
Hatte die Queen auch diesen typischen britischen Humor?
Vornhecke: Aber ja! Und ihre ihre liebenswürdige und gleichzeitig immer würdevolle Art hat nicht nur die Briten über sieben Jahrzehnte begleitet – sondern auch die Menschen außerhalb Großbritanniens.
Eine globale Königin?
Vornhecke: Ich meine schon. Sie war ja – auch durch ihre Medienpräsenz – immer für uns alle da und wurde so zu einer Ikone ihrer Zeit. Und durch ihre lange Regierungszeit wurde sie für viele Menschen ein Inbegriff für Kontinuität, Verlässlichkeit und Beständigkeit. Und ich muss sagen: Auch mir fällt es schwer, mich daran zu gewöhnen, dass sie nicht mehr da ist.
Wird Charles eine ähnliche Rolle spielen können?
Vornhecke: Er kennt ganz sicher die Bürde des Amtes, er hatte ja 70 Jahre Zeit, sich darauf vorzubereiten. Aber er tritt in sehr große Fußstapfen. Ob er eine so integrative Kraft sein wird wie seine Mutter, wird ja vielfach bezweifelt. Es gibt ja durchaus schon Erosionserscheinungen in Nordirland oder Schottland.
Könnte er vielleicht auch etwas besser machen als seine Mutter?
Vornhecke: Er gilt ja als emotionaler Mensch und wird sich mit Blick auf seine spezifische Biografie vielleicht auch leichter tun, Gefühle zu zeigen, mehr Warmherzigkeit ausstrahlen – das könnte ein Vorteil sein.
Die Thronfolge, jetzt gerade die prunkvollen Begräbnisfeierlichkeiten – ist diese Art der Monarchie in ihren Augen noch zeitgemäß?
Vornhecke: Ich meine schon, diese Rituale schaffen ja auch über Großbritannien hinaus ein gemeinsames Empfinden. „Pomp and Circumstances“ – das ist etwas, was viele Menschen berührt. Und die Monarchie steht gerade angesichts der schnelllebigen Politik für Kontinuität. Die Rolle des Monarchen in der parlamentarischen Demokratie ist zwar ähnlich wie die unserer Bundespräsidenten. Aber das britische Königshaus hat doch in der Gesellschaft eine ganz andere, identitätsstiftende Rolle.
Die politisch-wirtschaftliche Situation in Großbritannien steht gerade ziemlich im Kontrast zum Glanz der Monarchie . . .
Vornhecke: Das stimmt – und erklärt vielleicht auch, warum so viele Briten nun so sehr um die Queen trauern. Was die politische Situation angeht, so habe ich Hoffnung. In der offiziellen Politik der letzten Jahre nach dem Brexit hat sich Großbritannien von seinen Nachbarn in Europa isoliert – aber viele Briten auf anderen Ebenen der Gesellschaft sehen doch sehr deutlich, dass das Land mehr das Zusammenwirken mit den Nachbarn braucht. Ich hoffe auf mehr Pragmatismus und weniger Polemik.
Haben Sie eigentlich jemals die Queen in natura gesehen oder gar getroffen?
Vornhecke: Leider nicht. Ich habe eine Gelegenheit knapp verpasst. Kurz bevor ich den Vorsitz der DeutschBritischen Gesellschaft übernommen habe, gab es einen Empfang in Düsseldorf. Mein Vorgänger hat ihr dabei die Hand geschüttelt.
Was hätten Sie die Queen gefragt, wenn Sie Sie je hätten treffen können?
Vornhecke: Vielleicht hätte ich Sie gefragt, wer von allen großen Herrschern, die sie in ihren langen Regentschaft getroffen hat, ihr am stärksten in Erinnerung geblieben ist. Ich glaube, niemand hat Weltgeschichte in einer so herausgehobenen Rolle so unmittelbar und über so lange Zeit erlebt wie sie.
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