Königsstraße
Kleine Ludgeri-Gärtner vertreiben parkende Autos
Münster
Alle Welt redet über den autofreien Domplatz, dabei gibt es auch noch die Königsstraße. Am Mittwochnachmittag wurden dort gleich zwei ehemalige Parkplätze zweckentfremdet: Der neue "LudgeriGarten" ist vielleicht sogar von Dauer.
Ist das wirklich Zufall? Ja, sagen beide Seiten ehrlich überrascht. Nur 50 Meter voneinander entfernt, werden am Mittwochnachmittag an der Königsstraße zeitgleich zwei Parkplatz-Flächen vorübergehend zweckentfremdet. In beiden Fällen entsteht dort, wo sonst abgestellte Kraftfahrzeuge geduldig ihrer Bestimmung harren, ein öffentlicher Raum für Begegnung, Gespräch, Spiel und Freizeit: auf dem Kirchplatz der Ludgerikirche und auf drei benachbarten Parkplätzen direkt an der Königsstraße. Damit scheinen die Gemeinsamkeiten auf den ersten Blick erschöpft.
Das eine ist ein schon seit längerem geplanter Spiel- und Aufenthaltsplatz vor allem für Familien mit Kindern, der "LudgeriGarten". Er besteht vor allem aus einem prachtvollen, üppig mit Sand und Spielzeug befüllten Sandkasten, 15 stabilen Stühlen aus gelbem Kunststoff sowie drei Bäumen im Kübel, die vom NRW-geförderten "Stadtbäume"-Projekt abgezweigt wurden. Der Verein Ludgeriviertel, die Kirchengemeinde, die Initiative starke Innenstadt, die Wirtschaftsförderung und Münster-Marketing sind mit im Boot, der Zentrenfonds der Stadt Münster unterstützt die Finanzierung. Deshalb ist das Ganze auch von gewisser Dauer: Zwei Jahre lang soll der "LudgeriGarten" wachsen und gedeihen, dann sieht man weiter.
Das andere ist eher ein politisches Happening, eine alternative Parkplatznutzung namens "Stadt für Menschen statt für Autos", ersonnen von der Grünen Jugend Münster. Es besteht aus einer langen schmalen Freifläche am Straßenrand, die mit ein paar Kartons markiert und zu Beginn der Aktion von der Polizei freigehalten wird. Zwei "Stadtbäume" im Kübel gibt es auch hier; außerdem ein Sofa, ein Stehtisch mit Infomaterial sowie ein Tisch mit vier Stühlen. Ein Saxofonist umrahmt das Ganze stimmungsvoll. Anders als nebenan ist die Aktion zeitlich sehr begrenzt: Um 19 Uhr ist Schluss.
Beiträge zur Hebung der Lebensqualität
Auf den zweiten Blick gibt es durchaus Gemeinsamkeiten: "Dieses Angebot soll dazu beitragen, dass die Innenstadt auch zukünftig lebenswert ist und gerade junge Menschen und Familien einen weiteren Treff- und Spielort in der Innenstadt erleben", sagt Quartiersmanagerin Lisa Kittner über den "LudgeriGarten". Leon Fromme von der Grünen Jugend spricht von "sozialen Aufenthaltsräumen": "Die Umgestaltung von Parkräumen steigert die Lebensqualität der Menschen und dient auch der Klimafolgenanpassung."
Während die Grüne Jugend für den Ausbau des ÖPNV und ihre Vision einer autofreien Innenstadt wirbt, sind die Ludgerigärtner mit dem Erreichten erstmal hochzufrieden: Der überraschend große Kirchplatz gehört tatsächlich zu Münsters unbekannten Stadträumen, obwohl er zwei der meistfrequentierten Straßen der Stadt verbindet. Seinen Charme dürfte er vor allem ab dem späten Nachmittag entfalten, wenn er von der Abendsonne erreicht wird, oder in einem besonders heißen Sommer, weil er von der Kirchmauer effektiv abgeschirmt wird. Die hochwertige Ausstattung erinnert an den Maxi-Sand: Stühle und Spielzeug werden von 20 bis 9.30 Uhr in einer benachbarten Garage verschlossen. Der Hausmeister der Kirche und ein Wachdienst kümmern sich darum, dass alles mit rechten Dingen zugeht.
Die Grüne Jugend will ihre alternative Parkplatznutzung auch an anderer Stelle fortsetzen; am vergleichbaren "Parking Day" sei man ohnehin beteiligt. Das Ludgeriviertel möchte den neu entdeckten Platz am liebsten dauerhaft behalten und vielleicht noch weiter ausbauen. Im Herbst werden Sandkasten und Möbel eingelagert. Ob im Winterhalbjahr parkende Autos zurückkehren, mochte sich niemand vorstellen.
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