Großer Protest gegen AfD-Veranstaltung in der Stadtbücherei
Münster pfeift auf Rechts
Münster
Nachdem ein rechter Ideengeber auf Einladung der AfD nach Münster kommt, ruft das Bündnis „Keinen Meter“ zum Protest auf. Hunderte sind mit Plakaten und Flaggen zum Protestieren gekommen, um eine Botschaft zu verbreiten: Münster pfeift auf Rechts.
Noch bevor Karlheinz Weißmann auf Einladung der AfD in der Stadtbücherei liest, beginnt vor dem Gebäude der Protest. Um 19 Uhr haben sich über 500 Demonstranten versammelt. Viele haben Schilder gebastelt, oder gleich Transparente und Fahnen dabei. „Keine Bühne der AfD steht darauf“, „Alternative für Dumme“ oder einfach „Popel auf Nazis schnipsen“. Es sind Gewerkschafter, Linke, SPDler und Grüne, vor allem aber ein Querschnitt der Bevölkerung.
Bevor das Programm der Kundgebung startet, gilt es für die Polizei erstmal, die Menschen in den dafür vorgesehenen Bereich zu bringen. Was mehr schlecht als recht gelingt. Bereits um 19.10 Uhr sind es einfach zu viele, die gekommen sind.
Carsten Peters, Vorsitzender des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“, spricht als Erster zu der Menge: „Die AfD ist keine demokratische Partei, sondern die Partei des Hasses. Zeigen wir der AfD, dass sie hier nicht erwünscht ist.“ Es gibt lautstark Applaus.
Zum Protest aufgerufen
Für diejenigen, die ab 19.30 Uhr in die Bücherei wollen, vornehmlich ältere Herrschaften, wird der Gang dagegen zum Spießrutenlauf. Mit Pfiffen und Buhrufen werden sie empfangen. Immer wieder ertönt „Nazis raus“. Ein Herr mit weißen Haaren kann damit offenbar nicht umgehen, mehrfach muss ihn die Polizei zurückhalten, damit er nicht auf die Demonstranten losgeht.
Gegen die Lesung hatte das „Keinen Meter den Nazis“-Bündnis zum Protest aufgerufen. Weißmann, der sich selbst als konservativer Ideengeber versteht, wird von seinen Kritikern, zu denen auch das münsterische Bündnis gehört, eine Nähe zu Rechtsextremen und deren Gedankengut vorgeworfen.
Bei seinen Ideen gehe es „ihm nicht darum etwas zu bewahren, sondern um die Zerstörung der Republik und einen radikalen Staatsumbau hin zu einem autoritären System“, sagt Liza Schulze-Boysen, Pressesprecherin von „Keinen Meter“. Für die Veranstaltung in der Stadtbücherei hatte die AfD nach den Worten ihres Kreissprechers Martin Schiller 90 Interessenten eine Eintrittskarte zugeschickt.
„Vertreter der Neuen Rechten“
Mit dem Gast Weißmann, der als einer der Hauptfiguren der Neuen Rechten gilt, macht Schiller Übereinstimmungen aus: „Gegen nationale, patriotische Gefühle habe ich nichts“, soweit sich der Nationalismus nicht erhöhe und über andere stelle, so der Kreissprecher. Man wehre sich gegen die „Abschaffung des eigenen Volkes“.
Am 11. Mai plant die AfD nach eigenen Angaben eine Veranstaltung mit dem kirchenpolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Volker Münz. Tags darauf ist dieser Gast bei einer Podiumsveranstaltung auf dem Katholikentag. Die Einladung der Katholikentagsleitung an den AfD-Politiker hatte eine heftige Kontroverse ausgelöst, in deren Zuge auch die Ausladung von Münz gefordert wurde. Eine Demonstration gegen den Münz-Auftritt beim Katholikentag ist bereits angekündigt worden.
Warum muss die Stadt den Lesesaal zur Verfügung stellen?
Aus Gründen der Gleichbehandlung ist die Stadt Münster verpflichtet, der rechtspopulistischen AfD den Raum in der Stadtbücherei zur Verfügung zu stellen. „Auch andere Parteien haben in der Vergangenheit den Zeitungslesesaal für Veranstaltungen genutzt“, erklärt Stadt-Sprecher Joachim Schiek auf Anfrage. Die entsprechende Entgeltordnung lasse es nicht zu, die AfD auszuschließen. Darin heißt es unter anderem: „Wir respektieren die Pluralität der Gesellschaft.“ Schiek betont, dass die Stadtbücherei nicht Veranstalter sei – „sie überlässt den Zeitungslesesaal lediglich anderen Veranstaltern“.
Der AfD-Kreisverband hatte die Anmietung des Saals beantragt, damit der Autor Karlheinz Weißmann dort das Buch „Kulturbruch ´68“ vorstellen kann. Der Gymnasiallehrer für evangelische Religion und Geschichte gilt als führender Vertreter der „Neuen Rechte“, der völkischer Nationalismus und Bekämpfung von Prinzipien des Grundgesetzes vorgeworfen wird. Die Stadtbücherei hat in einem Facebook-Eintrag in dieser Woche ausdrücklich ihre Angebote wie „Ankommen in Deutschland“ oder die Möglichkeit zum Erlernen der deutschen Sprache verteidigt.
Der Zeitungslesesaal in der Stadtbücherei bietet Platz für bis zu 99 Personen. Für die Nutzung des Raums bis zu drei Stunden wird ein Entgelt von 90 Euro erhoben. Weitere Kosten fallen für Stühle, Lautsprecheranlage und Tische an. -da-
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