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Ex-Polizeipräsident will Cannabis legalisieren

Schonzeit für Kiffer

Münster

Die Polizei schnappt so manche Cannabis-Konsumenten. Die großen Dealer fasst sie nicht. Hubert Wimber, Münsters Ex-Polizeipräsident, hält die Repressions-Politik für grundfalsch.

Günter Benning

Hubert Wimber ist Pensionär – aber jetzt kann er sich einer Herzensangelegenheit widmen: Der Liberalisierung der Drogenpolitik. Foto: bn

Etwa 1000 Drogendelikte gibt es jedes Jahr in Münster. „In 70 Prozent der Fälle geht es um Konsumdelikte und Kleindealer“, sagt Hubert Wimber. Gegen die wirklich Großen im organisierten Drogenhandel komme die Polizei nicht an: „Wir finden da keinen Ermittlungsansatz – uns bleibt nur das mittlere Management.“

Wimber, bis vor wenigen Monaten Münsters Polizeipräsident, plädiert seit Jahren für einen liberalisierten Umgang mit Cannabis wie in den Niederlanden, Uruguay oder einigen US-Staaten.

Als Chef der Polizeibehörde wurde er dabei zuletzt von Innenminister Jäger ausgebremst. Jetzt allerdings wird der Pensionär aktiv. In Berlin gründete er gemeinsam mit Bundestagsmitgliedern und Polizeibeamten a. D. die deutsche Sektion des internationalen Vereins LEAP (Law Enforcement Against Prohibition Deutschland). Polizisten, Richter und Staatsanwälte bilden dort eine Lobby für eine in ihren Augen fortschrittliche Drogenpolitik.

Wimber hat selbst gekifft. Zwei Mal. „Wer zwischen 1970 und `76 studiert und nicht gekifft hat“, grinst er, „hat nicht studiert“.

Wie bei vielen blieb es dabei: „Das hatte keine Wirkung auf mich.“ Etwa jeder vierte Deutsche hat in seinem Leben gekifft, sagt die Statistik, die Kernzeit liegt zwischen 14 und 25 Jahren, danach erlischt oft das Interesse.

Wimber begrüßt es ausdrücklich, dass in Münster im kommenden Jahr ein Modellversuch gestartet werden soll, um Cannabis kontrolliert auszugeben. Er geht zwar davon aus, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) diesen Versuch nicht genehmigen dürfte: „Aber das führt zu Diskussionen.“

Für den Ex-Polizeipräsidenten mit grünem Parteibuch scheitert die gegenwärtige Abschreckungspolitik bei Cannabis in drei Punkten:

► Jugendschutz: „Kein Dealer fragt doch seine Kunden nach dem Alter.“ Beim Alkoholkonsum sehe das vollkommen anders aus.

► Produktkontrolle: „Die schädlichen Auswirkungen von Cannabis entstehen oft durch Beimengungen und Streckungsmittel.“ Bei einer legalen Ausgabe unterläge das Cannabis der üblichen Qualitätskontrolle.

► Kriminalitätsbekämpfung: Das Cannabis-Verbot bereichere nur die organisierte Kriminalität. In den USA werde gerade erkannt, dass die Besteuerung legaler Drogen im Gegenteil dem Staat Geld bringe.

Dabei sieht Wimber seine Initiative nicht als Freibrief für unkontrollierten Drogengebrauch. Aber die Beispiele Rauchen und Alkoholkonsum zeigen für ihn, dass Prävention möglich ist. Auch ohne Verbote.

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