Hilfe für Eltern und Babys
Neue Klinik soll Familien aus der Krise führen
Münster
Für viele junge Familien sind die ersten Wochen nach der Geburt die schönste Zeit des Lebens, für andere eine enorme Belastung. Für letztere hat das UKM ein Angebot entwickelt, das in der Region einzigartig sei.
In der Zeit nach der Geburt kann vieles schiefgehen. Selbst wenn Eltern und Kind gesund sind, bringt der neue Alltag neben allen schönen Dingen große Lasten mit. Ist ein Elternteil psychisch erkrankt, tritt schnell eine Krise ein, die das Verhältnis zwischen Eltern und Kind sowie dessen psychische Entwicklung nachhaltig schädigen kann. Familien in solchen Situationen steht ab Mai die Eltern-Baby-Tagesklinik am UKM zur Seite.
„Die Geburt ist ein Ereignis, das alles auf den Kopf stellt“, sagte Prof. Dr. Georg Romer, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKM, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. „Man ist 24 Stunden am Tag für ein kleines Wesen verantwortlich, das fordert natürlich“, führte Romer weiter aus. In der Regel bekommen Eltern aber auch viel zurück: „Gesunde Säuglinge sind mit einer Fähigkeit ausgestattet, erschöpfte Eltern immer wieder mit Belohnungsreizen in die Beziehung zurückzuholen.“
Belastete Eltern-Kind-Beziehung als Resultat
Aber längst nicht alle Babys könnten ihre Eltern mit Charmeoffensiven aufmuntern. Manche seien schlicht „signalschwach“, was Eltern schnell dazu bringe, an sich zu zweifeln. Umgekehrt könne zum Beispiel eine depressiv erschöpfte Mutter kaum ausreichend auf die Bedürfnisse des Säuglings eingehen. Durch Stressreaktionen beider Seiten bestehe die Gefahr eines Teufelskreises mit dem Resultat einer dauerhaft belasteten Eltern-Kind-Beziehung.
Und diese Probleme seien nicht selten. Der Psychologe Dr. Marius Janßen führte aus, dass bei bis zu zehn Prozent der Säuglinge und Kleinkinder eine Regulationsstörung festgestellt werde. Auf Seite der Eltern richte sich das Angebot vor allem an zwei Personenkreise: einerseits Eltern, die schon vor der Geburt psychisch erkrankt und so besonders belastungsanfällig sind, und andererseits die, bei denen die Geburt erst Auslöser für eine Erkrankung ist.
Postpartale Depression bei zehn Prozent der Mütter
„Bis zu zehn Prozent der Mütter haben eine behandlungsbedürftige postpartale Depression“, informierte Prof. Dr. Udo Dannlowski. Väter seien übrigens ähnlich oft von psychischen Problemen betroffen wie Mütter, lediglich die Auslöser seien oft andere. Dannlowski vertrat die Klinik für Psychische Gesundheit, die mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie am neuen Angebot beteiligt ist. Der Weg in die neue Klinik soll über die Sprechstunden und ambulanten Angebote dieser beiden Kliniken führen.
Zwölf Behandlungsplätze, sechs für Eltern, sechs für Kinder, sollen für psychisch erkrankte Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern im Alter von null bis drei Jahren zur Verfügung stehen. Die bestehende Familientagesklinik, die ihrerseits vor 25 Jahren die erste ihrer Art war, könne für Kinder der jüngsten Altersgruppe und ihre psychisch teils schwer erkrankten Eltern nicht das nötige Maß an Betreuung bieten, sagte Janßen.
Videos sollen Selbstvertrauen zurückgeben
Die neue Eltern-Baby-Klinik sei daher eine wichtige Diversifizierung, fügte Romer hinzu. Die typische Behandlung dauere zwölf Wochen, in denen viel mit Videos gearbeitet werde. So könne man den Eltern zeigen, wie sich das Verhältnis über die Dauer der Therapie verbessert. Pflegerin Martina Frankenberg zeigte sich zuversichtlich, dass Eltern so ein wichtiges Erfolgsgefühl vermittelt werden könne, sodass sie ihr Selbstvertrauen wiedergewinnen können.
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