Steinfurter Bürgerbus fährt am 1. Dezember genau zehn Jahre lang
Er läuft und läuft und läuft
Steinfurt
Es ist eine zehn Jahre währende Erfolgsgeschichte, die nur durch ein Virus aus der Bahn geworfen wurde. Der Bürgerbus Steinfurt feiert Geburtstag.
Er läuft, und läuft und läuft und läuft. Mittlerweile zehn Jahre lang. Am 1. Dezember 2011 nahm der Steinfurter Bürgerbus zum ersten Mal seine stadtteilverbindende Linie unter die Räder. Was damals keiner wusste, aber alle hofften: Dass das von vielen Ehrenamtlichen getragene Projekt eine Erfolgsgeschichte wird. Sie wurde es. 78 000 Fahrgäste, ohne die bremsende Pandemie wären es noch einige mehr geworden, zeigen eindrucksvoll: Der Bürgerbus Steinfurt befindet sich nach wie vor auf der Überholspur. „Der Vorstand und die über 40 Fahrerinnen und Fahrer sind stolz auf diese Bilanz Und sie hoffen, dass sie auch in Zukunft fortgeschrieben werden kann“, sagt der Vorsitzende des Bürgerbusvereins, Ferdinand Brust, in der Festschrift, die zum ersten runden Geburtstag gedruckt wurde.
Wohin geht die Reise? Dass die Chauffeure in naher Zukunft nicht mehr an der Dieselsäule Energie zapfen, sondern am Ladekabel, ist für das Bürgerbus-Team so klar wie eine blank gewienerte Windschutzscheibe. Wenn die Busse irgendwann einmal wie von Geisterhand gesteuert autonom zwischen dies- und jenseits des Buchenbergs pendeln, mag ein Fahrer überflüssig sein. Personal, das Senioren und Gehbehinderten beim Ein- und Aussteigen hilft, wird nach Überzeugung der Praktiker trotzdem notwendig bleiben.
Darum schalten die Verantwortlichen bei der Personalplanung das Fernlicht ein, um weit nach vorne zu schauen. „Wir müssen den Nachwuchs erhöhen“, ist Vorsitzender Ferdinand Brust überzeugt. Derzeit laufen die Bürgerbusler mit einem Stamm von über 40 Freiwilligen noch lange nicht auf Reserve. Aber die Älteren, die irgendwann den Fahrersitz freigeben, müssen ersetzt werden.
Voraussetzung dafür ist ein intaktes und harmonisches Vereinsleben, sagt der Vorstand. Und gibt dafür richtig Gas, wenn Corona nicht auf die Bremse tritt. Fahrten ins Blaue, Sommer- und Schlachtfeste oder der Nikolaus – Gemeinschaft wird groß geschrieben. Wie heißt es dazu in der Festschrift? „Alle sollen sich im Verein wohl fühlen, sich mit Ideen und der Teilnahme an Veranstaltungen einbringen, Aufgaben für den Bus und den Verein übernehmen und dort die erfolgreiche Arbeit fortführen.“
Angefangen hat alles im Jahr 2010. Ferdi Brust war noch Vorsitzender des Seniorenbeirates und in dieser Funktion mit Herbert Hille, Reimar Bage und dem Ersten Beigeordneten der Stadt, Dirk Wigant, bei einer Bürgerbus-Informationsveranstaltung in Saerbeck. „Das können wir auch“, waren sich die Gründungsväter des späteren Bürgerbusvereins Steinfurt e.V. schnell einig. Einen Verein gründen, das hört sich erst einmal so einfach an wie auf einer autoleeren Landstraße geradeaus zu fahren. Bei den Abstimmungsgesprächen mit Stadt und dem RVM lauerte aber so manches Schlagloch, das es souverän zu umfahren galt. Am 17. November 2010 war es geschafft: Handbremse lösen und gaaaanz langsam losrollen. Ein Jahr dauerte die Warmlaufphase, dann ging der feuerrote Opel am 1. Dezember auf Linie, 35 Kilometer lang, 60 Haltestellen in Borghorst wie Burgsteinfurt. Für einen Euro innerorts, für 1,50 von Stadtteil zu Stadtteil. An den günstigen Tarifen hat sich bis heute trotz Inflation und Benzinpreishoch über die Jahre nichts geändert.
Die Grafik, die die Jahresbilanzen der Fahrgastzahlen wiedergibt, ist vergleichbar mit der Entwicklung der Coronainzidenzen der vergangenen Wochen. Sie zeigt steil nach oben. Von 5611 in 2012 bis 12 133 im Spitzenjahr 2019. Am 15. Mai 2018 bekam Gudrun Koloßka als 50 000. Fahrgast einen Blumenstrauß überreicht. Der Verein wartete auf Fahrgast Nummer 100 000. Und dann kam die Pandemie. In 2020 stand der Bürgerbus vier Monate in der Garage, in diesem Jahr geschlagene sechs Monate. Und wie es jetzt weitergeht? Keiner weiß es. Der Festakt zum Zehnjährigen und die Weihnachtsfeier wurden vorsorglich schon einmal abgesagt.
Mittlerweile hat das Erfolgsmodell Bürgerbus Steinfurt schon Kreise gezogen. Geschäftsführer Reimar Bage und der Vorsitzende Ferdi Brust waren in Kattenvenne und in Glandorf, um den dortigen Interessenten Rede und Antwort zu stehen. Die Steinfurter müssen überzeugend gewesen sein. In beiden Orten gibt es mittlerweile einen Bürgerbus. Und auch in Neuenkirchen und Gronau betätigten sich die Steinfurter als Geburtshelfer. Wie gesagt, der Bürgerbus läuft und läuft und läuft. Und das nicht nur in Steinfurt.
Startseite