Gut schlafen – aber wie?
Ideal: 30 Grad unter der Bettdecke
Emsdetten/Kreis S...
Einmal im Jahr lädt das „Bündnis gegen Depression“ im Kreis Steinfurt zu einer großen Veranstaltung, bei der es um den Zusammenhang zwischen psychischer und körperlicher Gesundheit geht. Diesmal im Zentrum stand das Thema „Gesunder Schlaf – ein (Wunsch)-Traum?“
„Warum schlafen und träumen wir eigentlich?“ fragte Dr. Christos Chrysanthou gleich zu Beginn seines Impulsvortrags zum Thema „Gut schlafen“ und blieb am Mittwochabend den über 100 Gästen, die auf Einladung des „Bündnis gegen Depression“ in Stroetmanns Fabrik nach Emsdetten gekommen waren, die überraschende Antwort nicht schuldig: „Genau wissen wir es bis heute nicht!“.
Der Vorsitzende des Bündnisses und Ärztliche Direktor der LWL-Klinik Lengerich skizzierte, was die Medizin vermutet: Im Schlaf ordne das Gehirn die Informationen des Tages neu ein, verknüpfe sie mit früheren Erfahrungen und überprüfe sie auf die Bedeutung für die Person. Im Schlaf werde das Nervenwachstum angeregt, wodurch Informationen im Gedächtnis verankert werden. Im Schlaf regeneriere der Körper Hormone und Immunsystem. Dass Träume, wie Freud glaubte, der „Königsweg zum Unbewussten“ sind, werde von der aktuellen Forschung bezweifelt. Träume zeigten schlicht das Gedächtnis, wie es arbeite: unlogisch, gefühlsbestimmt, mitunter skurril; sie seien die Reaktion auf ein ungeordnetes Trommelfeuer von Nervenimpulsen, ein „nächtlicher Hausputz des Gehirns“.
Schlafzyklen, REM- und Non-REM-Phasen, die Funktion der Zirbeldrüse und des Hormons Melatonin, Ausführungen und Zitate zur Störanfälligkeit der „inneren biologischen Uhr“, die Ursachen und Folgen von Schlafstörungen – Chrysanthou bereitete das vielschichtige Thema umfassend und gut verständlich auf. Faustregel: Drei Nächte schlechter Schlaf pro Woche über einen Monat sind ein Alarmsignal und Betroffene sollten ärztlichen Beistand suchen.
Dabei sind Schlafstörungen ein Massenphänomen. Rund ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung klage darüber. Ausführlich ging Chrysanthou auf die richtige Schlafhygiene ein, mit vielen paktischen Ratschlägen („Zehn Tipps“) bis hin zur idealen Temperatur unter der Bettdecke (28 - 32 Grad).
Vieles, was der Arzt theoretisch erklärt hatte, bestätigte ein Betroffener anschließend aus praktischer Erfahrung im Gespräch mit der LWL-Ärztin Dr. Sabine Ridder-Schaphorn. Von ersten Einschlafproblemen, die in einem schleichenden Prozess immer schlimmer geworden seien, berichtete er; vom Versuch, einfach länger wach zu bleiben – bis sich sein Tag-Nacht-Rhythmus komplett umgedreht habe; von schlechten Erfahrungen mit Tabletten und guten mit einer Therapie, ermunterte der (namenlos gebliebene) Mann, andere Betroffene dazu, ärztliche Hilfe zu suchen. Im abschließenden „World-Café“ freute sich Moderatorin Dr. Anke Bösenberg über eine konstruktive Diskussion und über den konkreten Impuls, eine Selbsthilfegruppe für chronisch Schlafgestörte zu gründen. Hieran Interessierte sollten sich an das Netzwerk Selbsthilfe wenden unter Telefon 02572/9601684.
Dr. Chrysanthou gab zehn Tipps für guten Schlaf:
1. Guter Schlaf braucht Erschöpfung: Körperliche Aktivitäten machen müde, Rad fahren oder zu Fuß gehen hilft schon.
2. Das Ende des Tages bewusst erleben: Ziehen Sie eine Grenze zwischen Tag und Nacht, hinter der es auch keine Gespräche über Probleme mehr gibt – da beginnt der Feierabend.
3. Die innere Uhr mag Rituale: Machen Sie jeden Abend vor dem Zubettgehen dasselbe. Das stimmt den Körper darauf ein, dass er bald schlafen wird.
4. Schlaf geht durch den Magen: Je später der Abend, desto leichter die Mahlzeit. Schlecht: Fettreiches, Blähendes, Stopfendes. Besser: Reis, Nudeln, Fisch.
5. E-mails können warten: Kein PC, kein Handy vor dem Zubettgehen. Das blaue Licht des Displays hält den Körper wach.
6. Mäßigung bei Alkohol und Nikotin: Am besten 5 Stunden vor dem Zubettgehen nichts Anregendes wie Nikotin oder Koffein mehr zu sich nehmen.
7. Schlafzimmer nicht überheizen: Die optimale Temperatur unter der Bettdecke ist 28 bis 32 Grad; die Raumtemperatur sollte 17 Grad sein, die optimale Luftfeuchtigkeit bei 55 Prozent liegen.
8. Sich alles von der Seele schreiben: Wenn Ihnen ein Problem einfällt, notieren Sie es; wach bleiben und Grübeln löst es ohnehin nicht.
9. Kürzer schlafen, besser schlafen: Nicht liegen bleiben, wenn man morgens wach ist, die Bettzeit absichtlich knapp halten.
10. Das Bett zum Himmel machen: Nicht essen, nicht arbeiten, im Bett nur tun, was man im Bett macht (schlafen/Sex)
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