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Fußball: Bundesliga

Trotz Haaland-Hattrick: BVB erlebt gegen Bochum die nächste XXL-Enttäuschung

Dortmund

Borussia Dortmund gegen den VfL Bochum – das „kleine“ Revierderby bot am Samstag einige Wendungen und noch mehr Treffer. Mit 3:4 musste sich der BVB am Ende vor heimischer Kulisse geschlagen geben, während die Bochumer nach dem Sieg auf im kommenden Jahr sicher erstklassig spielen.

Von Wilfried Sprenger

Drei Treffer selbst gemacht und am Ende trotzdem verloren: Auch Dortmunds Erling Haaland (gr. Bild) konnte die Niederlage gegen den VfL Bochum nicht verhindern. Foto: ImagoMoritz Müller

Vielleicht hätte dieses an Wendungen reiche Fußballspiel eine ganz andere Geschichte erzählt, wenn Jamie Jermaine Bynoe-Gittens nicht erst 17, sondern schon 21 oder 22 Jahre zählte. Aber das ist nur eine Mutmaßung – wie so viele Dinge im Fußball, der sich in der Retrospektive eines Spiels so gern über den Konjunktiv erklärt.

Grundsätzlich ist es natürlich zielführender, sich an den geschaffenen Fakten zu orientieren, die da am Samstag wie letzte tiefschwarze April-Wolken über der Dortmunder Fußball-Arena lagen. 3:4 (2:2) gegen den VfL Bochum verloren, das kleine Pott-Derby vergeigt, die x-te XXL-Enttäuschung in dieser Saison erlebt: Auf Blitz und Donner mussten die enttäuschenden BVB-Profis nicht einmal warten. Direkt nach Spielende entlud sich das Gewitter auf der Südtribüne.

Bynoe-Gittens vergibt aus nächster Nähe

Doch zurück auf Anfang. In die zweite Minute, als Bynoe-Gittens plötzlich der Ball einschussbereit vor den Füßen lag. Eine sehr gute Chance. Sportsfreunde, die sich vorzugsweise in Superlativen bewegen, würden sich „auf 100 Prozent“ festlegen. Das ist selbstredend nie zutreffend, wenn der Ball dann nicht ins Tor geht. Tatsächlich brachte der junge Brite die Kugel nicht an VfL-Keeper Manuel Riemann vorbei. Später, wenn Bynoe-Gittens mehr Reife und Abgeklärtheit haben wird, sollte das für ihn eine leichte Übung sein.

Das 17-jährige Talent ist wieder einmal ein Dortmunder Versprechern für die Zukunft. Hinter verdeckter Hand wird er längst mit Ex-Borusse Jadon Sancho verglichen. Tatsächlich gibt es Parallelen: Bynoe-Gittens bedient ebenfalls die Flügel, ist ähnlich gewandt und trickreich und spielte vor seinem Transfer 2020 auch für Manchester City. Sancho ist inzwischen für 85 Millionen Euro an Manchester United verkauft. Vielleicht kann das westfälische Fußball-Unternehmen mit Bynoe-Gittens, dessen Vertrag sich am 8. August (18. Geburtstag des Spielers) angeblich automatisch um drei Jahre bis 2026 verlängert, irgendwann ein ähnlich gutes Geschäft machen. Mittelfristig soll er allerdings helfen, den BVB fußballerisch voranzubringen.

Der VfL Bochum wird nach dem Sieg in Dortmund  auch in der kommenden Saison definitiv erstklassig spielen. Foto: Imago/Maik Hölter/TEAM2sportphoto

Dass dies Not tut, ist kein Geheimnis. Wobei aktuell noch die Defensive Dortmunds größte Problemzone abbildet. 50 Gegentore sind ein unterirdischer Wert für einen Verein mit den Ansprüchen des Tabellenzweiten. Nach den vier Einschlägen gegen Bochum sind es daheim jetzt schon 27. Sehr beharrlich verweigert der BVB in dieser Saison Ladenschlusszeiten. Das mag ihn als kundenfreundlichen Verbrauchermarkt auszeichnen, der eigentlichen Sache dient es nicht. Die Beseitigung der Defizite im Abwehrverhalten bezeichnete Trainer Marco Rose am Samstag dann auch als „Kernthematik“.

BVB vor Defensiv-Umbruch im Sommer

Dortmund wird im Sommer einige Korrekturen vornehmen (müssen). Vor allem in der letzten Reihe: Nico Schulz (Vertrag bis 2024) steht schon seit längerer Zeit im Schaufenster, Dan-Axel Zagadou (Vertrag läuft aus) sei zu oft verletzt, bei Raphael Guerreiro (bis 2023) fehlt den Verantwortlichen offenbar die Überzeugung, Manuel Akanji (bis 2023) ist wohl nicht bereit zu verlängern. Angesichts der sich abzeichnenden Lücken war die Verpflichtung von Niklas Süle de facto nur ein erster Schritt.

Und vorn? Der sich abzeichnende Verlust von Erling Haaland, gegen Bochum dreifacher und damit einziger Torschütze für den Gastgeber, schmerzt und ist durch einen Eins-zu-eins-Transfer natürlich nicht abzufedern. Viele Namen schwirren gerade durch den Raum, wirklich fix soll noch nichts sein. Aber auch das ist eine Vermutung. Möglicherweise ist Dortmund ja schon weiter als viele denken. Und dann bereit für wahrscheinlich vier Derbys im Revier. In Abwesenheit von Schalke 04 gab es in dieser Saison lediglich zwei gegen Bochum. Der BVB errang im ersten ein Remis und verlor das zweite nun krachend. Fraglos eine Schmach. Und dazu ein Spiegelbild der verkorksten Saison.

Bochum liegt im Klassement zwar ein gehöriges Stück hinter dem Nachbarn, aber die Gefühlslage ganz tief im Westen ist dennoch nahezu euphorisch. „Wir haben heute ganz Bochum stolz gemacht“, schwärmte Trainer Thomas Reis am Samstag. Eigentlich gilt dieses Statement schon für die ganze Saison.

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