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Fußball

Trainer-Entlassungen - Ja oder Nein? "Der Profi-Fußball blendet"

Greven

Wenn ein Trainer gehen muss, dann ist gehörig etwas schiefgelaufen. Im Profi-Fußball längst ein Teil des Geschäfts. Aber auch auf Amateurebene keine Seltenheit mehr. Doch was halten eigentlich die heimischen Trainer davon?

Standen erst jüngst im Mittelpunkt: Thomas Tuchel (l.) und Julian Nagelsmann. Foto: dpa

Die Amtszeit eines Bundesliga-Trainers ist heutzutage teilweise sehr stark limitiert. Das Trainerkarussell dreht sich derweil unentwegt weiter. Zuletzt hat es Bayern-Trainer Julian Nagelsmann getroffen – er musste nach 631 Tagen auf der Trainerbank die Segel streichen. Bereits vor der Entlassung des 35-Jährigen hatten die Münchner Kontakt zum bis dato vereinslosen Thomas Tuchel aufgenommen. Als der den Bossen des FCB seine Zusage gab, war klar, Nagelsmann muss gehen – und zwar sofort.

Die Meinungen über das durchaus überraschende Trainer-Beben gehen landesweit auseinander. Doch es ist nicht der erste Fall einer Entlassung, die viele Experten nicht unbedingt kommen sahen. Zugleich ist es möglicherweise erneut ein fatales Signal – auch an den Amateurfußball. Denn mittlerweile wird es selbst in den untersten Kreisligen ähnlich gehandhabt. Spielt die Mannschaft schlecht, hat vielleicht einfach mal zu tief ins Glas geschaut, oder einmal zu viel Omas 80. Geburtstag gefeiert und verliert daraufhin drei oder vier Spiele hintereinander, muss oftmals der Trainer seinen Kopf dafür hinhalten.

Dahin geht jedenfalls der Trend. Auch hier im Kreis kommt mit zunehmender Dauer vor, dass Vereine früh die Reißleine ziehen. Das Profi-Geschäft färbt ab – und das nicht zu kurz. Aber ist das richtig so? Kann die Entwicklung überhaupt noch gestoppt werden? Genau das wollte unsere Sportredaktion von einigen Trainer in und um Greven wissen.

Yannick Bauer, Trainer des SC Greven 09 (Bezirksliga)
„Ich finde das mittlerweile wirklich heftig – gerade auch im Amateurbereich. Die Trainer, die in den Kreisligen ihre Zeit opfern, sind mittlerweile oft richtig gut qualifiziert und stecken viel Arbeit in das Ganze. Und dann entlassen zu werden? Das ist für mich ein absolutes Unding und gehört sich nicht. Wenn vorher ein Vertrag geschlossen wurde, dann gehört es sich auch, diesen einzuhalten. Für mich läuft das in ganz vielen Vereinen sehr unprofessionell. Und generell haben auch hier schon die Spieler zu viel Macht. Der Profi-Fußball blendet einfach den Amateurfußball.“

Yannick Bauer, Chef-Trainer vom Bezirksligisten SC Greven 09. Foto: Thomas Strack

Dragan Grujic, Trainer beim SC Falke Saerbeck (Kreisliga A)
„Einen Trainer zu entlassen ist natürlich immer die einfachste Lösung, denn Spieler entlässt man ja nicht so schnell – da müsste schon mit Suspendierungen gearbeitet werden. Grundsätzlich finde ich vorschnelle Trainerentlassung definitiv falsch. Ich bin überhaupt kein Freund davon. Die Zeit des Vertrages auf Amateurebene sollte auch immer erfüllt werden – es sei denn, irgendwelche privaten Gründe kommen dazwischen. Der Profibereich lebt es aber vor. Deshalb glaube ich nicht, dass man davon wieder wegkommt – davon sind wir viel zu weit entfernt.

Drangan Grujic, Übungsleiter des SC Falke Saerbeck in der Kreisliga A. Foto: Sven Thiele

Srdjan Kosoric, Trainer des SC Greven 09 II (Kreisliga B)
“Im Amateursport ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, gut miteinander auszukommen. Das muss die Basis sein. Und dann kommt es auf realistische Ziele an. Heutzutage ist es viel wichtiger einen guten Draht zu den Spielern haben müssen, als früher. Denn mittlerweile gibt es viele andere Dinge, die auf Amateurebene über dem Fußball stehen. Das war früher anders. Aber alle wollen immer Erfolg und das ist auch in Ordnung. Letztendlich bekommst du aber auch nur so viel, wie du bereits bist zu investieren. Im Profi-Fußball ist so viel Geld im Spiel, da gehört das mit den Trainer-Entlassungen wohl oder übel einfach dazu.

Srdjan Kosoric vom SC Greven 09 II. Foto: Sven Thiele

Dominic Tomasso, Trainer beim SV Greven (Kreisliga B)
„Ehrlich gesagt verfolge ich das gar nicht so viel. Aber natürlich, nimmt die Ausmaße des Profi-Geschäfts schon ein bisschen wahr. Für mich fehlt vor allem die Diskussion: Was veranstalten die Spieler? Denn grundsätzlich ist ja immer der “Chef„ Schuld. Und der Aspekt der Medien ist auch nicht zu vergessen – das ist heute sehr gesteuert und getrieben davon. Da kann man ja gar nicht mehr mithalten. Und jeder gibt zu allem sein Senf dazu. Ich denke, dass es manchmal einfach Zeit braucht. Die Vereine sollten definitiv Vernunft walten lassen. Selbst im Amateurfußball ist oft schon ordentlich Geld im Spiel. Die Geldgeber bestimmt im Hintergrund dann oftmals mehr, als man glaubt, obwohl eventuell die Fachkenntnis fehlt. Das ist nicht gut.

Dominic Tomasso (Mitte) hier noch im Trikot des SC Westfalia Kinderhaus, ist mittlerweile Trainer beim SV Greven. Foto: fotoideen.com

Daniel Helmes, Trainer des SC BG Gimbte (Kreisliga B)
“Im Profi-Geschäft sind Trainer-Entlassungen natürlich der Lauf der Zeit. Und ich denke, dass das nun mal so ist. Und gleichzeitig überträgt sich das dann selbstverständlich auch auf den Amateurbereich. Nach meinem Empfinden waren die Werte im Amateursport früher andere als heute. Heute zählen zu oft nur noch der Erfolg und die Platzierungen. Und das, obwohl es doch eigentlich nur ein geliebtes Hobby sein sollte. Für mich sind vorschnelle Handlungen und damit auch Entlassungen von Trainer, egal wo, garantiert der falsche Weg. Aber geändert werden kann das auch nicht mehr.“

SC BG Gimbte-Coach Daniel Helmes. Foto: Sven Thiele
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