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Leitathletik: Serie zu 20 Jahren Münster-Marathon

„Bewegender Moment“: Schönherr im Interview über ihre Premiere 2021

Münster

Bei ihrer Premiere beim Münster-Marathon lief Johanna Rellensmann, heute Schönherr, 2021 auf Platz drei. Beim Jubi-Lauf am 11. September ist die Ausdauerläuferin von den Laufsportfreunden Münster wieder dabei – diesmal in der Staffel.

Was für eine Premiere in Münster: Johanna Schönherr wird nach Foto: Jörg Riemenschneider

Vom Start bis ins Ziel auf dem festlich geschmückten Prinzipalmarkt werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 12. September 2021 von einer erstklassigen Atmosphäre getragen. Und das in Zeiten der Pandemie. Wundervolle Bilder, ein Stück Normalität kehrt an jenem Tag zurück, als die Münsteranerin Johanna Rellensmann, heute Schönherr, bei ihrer Premiere über die lange Distanz auf Platz drei bei den Frauen läuft. Nur die Kenianerinnen Monica Cheruto und Sophy Jepchirchir sind schneller.

Beim Jubi-Lauf am 11. September ist die Ausdauerläuferin von den Laufsportfreunden Münster wieder dabei – diesmal in der Staffel. Mit ihr sprach Redaktionsmitglied André Fischer.

Johanna, wie ist das Leben mit einem neuen Nachnamen?

Johanna Schönherr: So wie in einem neuen Lebensjahr. Man erwartet große Veränderungen und dann fühlt sich doch alles unverändert an. Ich freue mich, bald Johanna Schönherr in einer Ergebnisliste zu lesen.

Sie haben im Juli Ihren Partner und Langstreckenspezialist David geheiratet. Gab es eine richtig fette Party?

Schönherr: Ich würde es eher eine spontane, sonnige und lebendige Gartenparty nennen. Wir haben uns kurzfristig entschlossen, einen Trautermin in elf Tagen wahrzunehmen – eine Blitzhochzeit sozusagen. Zum Glück haben trotz der Kurzfristigkeit viele Freunde und die Familie mit uns gefeiert! Es war ein besonderer Tag, ganz nach unserer Vorstellung.

Zwei Jungs, drei und fünf Jahre jung, bereichern Ihr Leben. Sind die beiden schon sportlich unterwegs wie die Mama und der Papa?

Schönherr: Paul und Theo haben auf jeden Fall einen großen Bewegungsdrang und wir sind viel an der frischen Luft unterwegs. Fahrrad fahren, klettern, Fußball spielen... Paul hat schon an etlichen Bambini-Läufen teilgenommen, zuletzt beim Leonardo-Campus-Run in Münster, aber das forcieren wir nicht.

Der Sport musste zuletzt in die Warteschleife. Viele Monate hat Sie eine Sehnenansatzentzündung am Sitzbeinhöcker außer Gefecht gesetzt. Ist das der Grund, warum Sie am 11. September nicht die klassische Distanz laufen?

Schönherr: Ja, im Winter war lange kein oder nur sehr wenig Lauftraining möglich. Stattdessen war ich im Fitnessstudio und habe versucht, durch Kräftigung muskuläre Dysbalancen auszugleichen. Seit vier Monaten bin ich wieder im Lauftraining, zeitweise ausgebremst von einer Coronainfektion. Jetzt freue ich mich auf ein paar schnelle Fünf- und Zehn-Kilometer-Rennen. Gerne würde ich im Spätherbst meine Bestzeit über die zehn Kilometer auf unter 35 Minuten drücken. Aber erstmal genieße ich, dass ich meinen Kopf wieder durch Laufen freipusten kann.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Marathon-Premiere in Münster 2021?

Schönherr: Die Erinnerungen an den Münster-Marathon 2021 sind noch sehr präsent. Ich erinnere mich an fast jeden Kilometer, wie ich mich fühlte, die Stimmung der Zuschauerinnen und Zuschauer und welche bekannten Gesichter ich wo an der Strecke gesehen habe. Die ersten Kilometer in der Innenstadt liefen wie von selbst, zur Hälfte in Nienberge spürte ich schon deutliche Anstrengung und erste Zweifel. Auf dem Weg nach Roxel hat David mir Mut zugesprochen, in Roxel habe ich meine Kinder gesucht und abgeklatscht, hinter Gievenbeck hat mich die „Cheering Zone“ meiner Trainingsgruppe mit lauter Musik motiviert, dann wurde es sehr anstrengend, bis ich auf der Himmelreichallee wusste, dass ich es schaffen würde. Und die Euphorie trotz Erschöpfung im Ziel war unvergleichlich und hat noch lange angehalten.

Sie sind im Vorjahr quasi von null auf hundert in 2:44,09 Stunden in die Top 3 bei den Frauen gelaufen, besser waren nur die Kenianerinnen Monica Cheruto und Sophy Jepchirchir. Hat Sie das selbst überrascht?

Schönherr: Ja und nein. Nein, denn ich hatte eine Zielzeit von unter 2:45 Stunden aufgrund meiner Trainingswerte angepeilt. Ja, denn bei einem Marathon kann bekanntlich so einiges schiefgehen und ich war glücklich und erleichtert, als ich es wirklich geschafft hatte. Über die Platzierung habe ich mir vorher und während des Rennens gar keine Gedanken gemacht. Die Siegerehrung auf dem Prinzipalmarkt war dann aber auch ein sehr bewegender Moment für mich.

Sie haben Ihre Bestzeit zwei Wochen später in Berlin nochmals um zwei Minuten auf 2:42:00 Stunden verbessert. Wie schnell regeneriert Ihr Körper?

Schönherr: Das war die größere Überraschung für mich. Ich habe mich wenige Tage nach dem Marathon in Münster nahezu erholt gefühlt. Der noch mal schnellere Marathon in Berlin war so nicht geplant. Eher eine emotionale als eine vernünftige, rationale Entscheidung. In Berlin konnte ich nach dem Erfolg in Münster ohne Druck und ohne eigene Erwartung unbeschwert rennen. Danach habe ich dann aber erst mal Pause gemacht.

Diesmal werden Sie „nur“ in der Staffel laufen. Wer vervollständigt das Team? Und wo soll es hingehen im Quartett?

Schönherr: Genau, in diesem Jahr teile ich mir die Marathondistanz mit meinen Trainingskolleginnen Marie Sommer, Ailina Claaßen und Katja Tegler. Wir laufen für die vereinsübergreifende Running Crew Münster, die von David geleitet wird. Wir wollen in erster Linie Spaß haben, aber eine Zielzeit unter drei Stunden sollte drin sein, sagt Katja.

Münster bietet erstmals einen 28-Kilometer-Lauf an. Wie beurteilen Sie das neue Format?

Schönherr: Ich finde es gut, eine Distanz zwischen dem Halbmarathon und dem Marathon anzubieten. Der 28-Kilometer-Lauf ist sicher für viele attraktiv, die eine läuferische Herausforderung suchen, aber keine Zeit für die noch intensivere Marathonvorbereitung haben. Oder der Start über die 28 Kilometer dient als Zwischenschritt in der Vorbereitung auf die Marathondistanz. Ich bin gespannt, wie das Format angenommen wird.

Sie haben die European Championships in München sicher verfolgt. Tolle Spiele, ein euphorisiertes Publikum. Wie sehen Sie die Chancen, die Olympischen Spiele wieder nach Deutschland zu holen?

Schönherr: Wahnsinn, wir haben jeden Abend vor dem Fernseher gesessen und mitgefiebert. Richard Ringer war schon unser Übernachtungsgast. Sein Sieg im Marathon durch einen irren Schlussspurt war ein wirklich emotionaler und inspirierender Moment für uns! Die Euphorie im Stadion und die Begeisterung der Zuschauerinnen und Zuschauer für die Leichtathletik hat man auch durch den Fernseher gespürt. Olympische Spiele sind natürlich ein anderes Kaliber als die European Championships. Ich fühle mich nicht in der Lage, da die Chancen einzuschätzen. Sollten die European Championships noch mal nach Deutschland kommen, was ich für realistischer halte, werde ich versuchen, die Stimmung live im Stadium zu erleben.Teil 18: Impressionen vom Marathon 2021 unter den Einflüssen der Pandemie

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