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Volleyball: USC Münster

Nach nächstem Schock: Bundesliga am Scheideweg – doch es gibt einen Plan

Münster

Nach dem Rückzug von Nawaro Straubing verlässt auch SW Erfurt die Frauen-Bundesliga am Saisonende. Das Volleyball-Oberhaus steht am Scheideweg – und muss aufpassen, dass es nicht zur geschlossenen Gesellschaft wird. Ein „Weiter so“ gibt es nicht.

Lang, lang her: Die USC-Spielerinnen Angelina Grün (rechts) und Judith Flemig im Duell mit Bayer Leverkusen. Der Werksverein, sogar zweimal Deutscher Vizemeister zog sich 2012 auf dem Oberhaus zurück.

Die erste miese Nachricht erreichte die Volleyball-Bundesliga bereits Ende Januar. Noch vor Beendigung der Hauptrunde zog sich Nawaro Straubing aus dem Spielbetrieb zurück. Die Finanzierung sei nicht abgesichert, hieß es aus Niederbayern. Schwarz-Weiß Erfurt sorgte am Montag für die nächste Hiobsbotschaft. Die Thüringer verlassen zur nächsten Saison das Oberhaus und wollen sich in der 2. Bundesliga Pro wirtschaftlich neu aufstellen. Mehr und mehr schrumpft das Feld in der Beletage des deutschen Frauen-Volleyballs zusammen. Maximal zehn Teams stellen sich in der kommenden Serie dem Wettbewerb. Es setzt voraus, dass der VC Neuwied nicht auch noch die Notbremse zieht. Der Aufsteiger von 2021 gewann in zwei Spieljahren eine einzige Partie. Es steht zu befürchten, dass von der Euphorie aus der Aufbruchszeit nicht mehr viel übrig ist.

Schon am Dienstagmorgen reagierte die Volleyball-Bundesliga (VBL) mit Sitz in Berlin und Vertreter der Erstliga-Clubs auf den Wegfall des Standorts Erfurt. In einer Telefon-Konferenz wurden Sorgen geteilt und Lösungsmöglichkeiten besprochen. „Die Zahl der Heimspiele darf sich in der Saison 2023/24 unter keinen Umständen reduzieren. Wir müssen für Fans, Sponsoren und die Öffentlichkeit sichtbar bleiben“, sagte Ralph Bergmann, Sportchef des USC Münster.

Orientierung am Männer-Modell

Vermutlich werden sich die Frauen in der kommenden Spielzeit am Männer-Modell orientieren. Es hätte zur Folge, dass sich an die Hauptrunde (mit Hin- und Rückspiel) eine Zwischenrunde anschließt. Die Liga würde dafür in eine obere und eine untere Hälfte mit je fünf Teams geteilt. Wiederum in Hin- und Rückspielen würden dann die Startplätze für die Playoffs ausgespielt. „Es sind auch andere Optionen besprochen worden. Aber diese Lösung wird wohl favorisiert. Zumal es aus der Männer-Bundesliga positive Rückmeldungen gibt“, erklärte VBL-Geschäftsführerin Julia Retzlaff.

Die Demissionen von Straubing und Erfurt haben die Bundesliga und ihre Vertretung gehörig unter Druck gesetzt. Das Doppel-Aus kommt zur Unzeit, erst vor wenigen Monaten wurde die Einführung der 2. Bundesliga Pro als strategischer und wichtiger Schritt in die Zukunft vorgestellt. Sie soll kurz- und mittelfristig stärkeres Bindeglied zur Bundesliga sein und langfristig eine begehbare Brücke werden. Als Ziel schwebt der VBL eine Zwölferstaffel mit Wettbewerb auch am unteren Tabellenende vor. Genau der ist seit Jahren ausgesetzt. Tatsächlich waren VBL und Clubs froh über jeden, der blieb – Absteiger gab es schon lange nicht mehr. Nun haben Straubing und Erfurt die Szene binnen kurzer Zeit aufgeschreckt. Ein „Weiter so“ gibt es nicht, es bedarf schneller Lösungen, um in der Balance zu bleiben. Am Dienstag bereits wurden sie angedacht, Retzlaff verspricht, alsbald schon „an den Feinschliff zu gehen“. Damit würde eine Klippe umschifft, doch das Gelände bleibt gefährlich.

Wird die Liga eine geschlossene Gesellschaft?

Straubing und Erfurt waren vergleichsweise frische Aufsteiger, nach ihnen kam nur noch das sportlich komplett überforderte Neuwied dazu. Es besteht die große Gefahr, dass das Oberhaus zu einer geschlossenen Gesellschaft wird. Seit 2010 schon bilden Aachen, Dresden, Münster, Potsdam Schwerin, Stuttgart, Suhl, Vilsbiburg und Wiesbaden den Markenkern der Bundesliga. Diese Clubs sind an ihren Standorten etabliert, gut vernetzt und in überwiegender Zahl wirtschaftlich solide aufgestellt.

Gegangen und nicht wiedergekehrt

Als der ehemalige und langjährige VBL-Chef Klaus-Peter Jung einmal gefragt wurde, wieviel Geld ein Zweitligist denn mitbringen müsste, um mitmischen zu können, antwortete er so: „Unter 500 000 Euro muss sich niemand anstellen.“

Inzwischen dürfte selbst diese halbe Million kaum genügen, um sportlich konkurrenzfähig zu sein. Die Einführung der 2. Liga Pro zur Saison 2023/24 wird an der gigantischen Kluft zwischen Ober- und Unterhaus absehbar nichts ändern.

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